Nach der Novemberrevolution 1918, den ersten demokratischen Gemeindewahlen im Februar 1919 und der Eingemeindung Niederschöneweides nach „Groß-Berlin“ wird in Niederschöneweide mehrheitlich „links“ gewählt. Die Trennung von Staat und Kirche, die in der Weimarer Verfassung festgeschrieben wurde, beläßt der Kirche ihr Vermögen und ihre Rechte als „Körperschaft öffentlichen Rechts“, einschließlich des Religionsunterrichtes als Pflichtfach. Die evangelische Kirche versteht sich als „Volkskirche“, die für alle da ist.
Für den Bau einer Kirche fehlen der Bauplatz und die Finanzen. Da der evangelische Oberkirchenrat keine Mittel zur Verfügung stellt, nimmt die Gemeinde den Bau in eigene Hände: Ein Kirchenbauverein wird gegründet. Die Kirchensteuern werden erhöht, was bei einer Reihe von Gemeindegliedern Proteste auslöst. Großzügige Spenden der Unternehmerfamilien Eveking und Kunheim bilden den Grundstock eines Kirchenbaufonds. Allerdings geht das angesparte Vermögen nach dem Krieg durch die Inflation verloren. „Aus dem stattlichen Kapital von rund 150.000 Mark war am 1.1. 1922 … ein Goldmarkwert von 7.500 GM, am 1.1. 1923 von 75 GM und am 23. 7. 1923 von rund 1,50 GM geworden. Das Vermögen war in nichts verronnen.“
1925 unternimmt die Gemeinde einen neuen Versuch, eine Kirche zu errichten. Der Wunsch nach einer Kirche wird dringlicher, weil die Aula auch von Parteien, freidenkerischen und kirchenkritischen Gruppen genutzt wird.
Trotz fehlender Finanzen schreibt die Kirchenbaukommission Mitte 1927 einen Architekturwettbewerb aus, den die Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer aus Berlin-Dahlem gewinnen. Die Bedingungen sind:
– 600 feste Plätze
– 50 Stuhlplätze vor dem Altar
– Orgelempore für 100 Sänger
– Sakristei mit Toilette
– Vorraum zur Versammlung von Traugästen
– ein Glockenturm für 3 Glocken
– ein Gemeindesaal für 300 Personen mit Kleiderablage und kleiner Bühne
– ein Raum für 50 Konfirmanden
– 4 Räume für die kirchliche Jugendpflege
– ein Büroraum, Teeküche
– Platz für Sammelheizung
– Pfarr- und Küsterwohnung
„Die Finanzierung des Kirchbaus bereitete der Kirchengemeinde die denkbar grössten Schwierigkeiten. Im Hinblick auf die schwierige Finanzlage und den zu erwartenden hohen Zinsendienst beschlossen die kirchlichen Körperschaften, zunächst nur die Kirche mit Turm, Brauthalle und Sakristei zur Ausführung zu bringen“. (Gellonek 1935).
350.000 RM müssen als Kredite aufgenommen werden. Die letzte Rate wird erst 1971 getilgt. Ortsansässige Unternehmer werden mit den Arbeiten beauftragt. Der Bildhauer August Rhades gestaltet Altar, Kanzel und Taufstein. Der Mittelteil des Altars stellt den auferstandenen Christus dar, der linke Teil die Geburt Jesu, der rechte die Ausgießung des Heiligen Geistes. Die Kanzel zeigt Martin Luther und Philipp Melanchthon.
Am 17. Juni 1929 wird Richtfest gefeiert, am 11.Mai 1930 die Kirche eingeweiht.